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Arbeitsrecht (46): Kosten im arbeitsgerichtlichen Verfahren

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In der Regel sind Rechtsstreitigkeiten gleich welcher Art sehr kostenintensiv und finanziell kaum überschaubar. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren fallen neben den Anwaltskosten regelmäßig nur Gerichtsgebühren an. Kosten für teure Sachverständige sind hingegen nur in den seltensten Fällen zu zahlen.

Auch enden überdurchschnittlich viele Streitigkeiten vor dem Arbeitsgericht mit einem Vergleich, was sich positiv auf die Gerichtskosten auswirkt.

Im Rahmen der Erstattung der anwaltlichen Kosten gibt es eine Besonderheit. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren der 1. Instanz trägt jede Partei ihre Anwaltskosten selbst. Hier gilt nicht der Grundsatz „der Verlierer zahlt alles“. Hintergrund ist, zu verhindern, dass der Arbeitnehmer als wirtschaftlich schwächere Partei wegen des Kostenrisikos von der Durchsetzung seiner Rechte absieht. Erst im Verfahren vor der 2. Instanz gelten die Regelungen des „normalen“ Zivilverfahrens.

Gegenstandswert/Streitwert

Die Grundlage für die Höhe der Gebühren bildet der Gegenstandswert. Bei einem gerichtlichen Verfahren wird dieser auch Streitwert genannt. Die Höhe des Streitwertes richtet sich nach der tatsächlichen Höhe der streitigen Forderung. Macht ein Arbeitnehmer beispielsweise nicht gezahlten Lohn in Höhe von 6.500 Euro geltend, beträgt auch der Streitwert 6.500 Euro. Schwieriger ist das bei Streitigkeiten, bei denen es nicht um einen bestimmten Betrag geht, sondern um einen anderen Gegenstand, beispielsweise die Wirksamkeit einer Kündigung. Hier legt das Gericht in seinem Urteil den Streitwert fest. Dabei haben sich im Laufe der Zeit feste Regeln für die Festsetzung des Gegenstandswertes bzw. Streitwertes etabliert:

  • Zahlungsansprüche: Höhe des eingeklagten Betrages
  • Wirksamkeit einer Kündigung: drei Bruttomonatsgehälter
  • Wirksamkeit einer Abmahnung: ein Bruttomonatsgehalt
  • Wirksamkeit einer Befristung: drei Bruttomonatsgehälter
  • Zeugnisstreitigkeiten: ein Bruttomonatsgehalt
  • Wirksamkeit einer Änderungskündigung: drei Bruttomonatsgehälter

Gerichtskosten

Die Streitwerte bilden unter anderem die Grundlage für die Berechnung der Gerichtskosten. Hier gilt, wie bei jedem anderen Verfahren auch, wer den Prozess verliert, trägt die kompletten Kosten. Wer teilweise gewinnt und teilweise verliert, trägt die Kosten in dem Verhältnis, in dem er gewinnt oder verliert.

Die Höhe einer Gerichtsgebühr kann in diversen Tabellen nachgesehen werden. Allgemein kann man sagen: Je höher der Streitwert, desto höher die Gebühr.

Die genaue Höhe der Gebühren richtet sich nach der Anzahl der Gebührentatbestände. Generell wird vom Arbeitsgericht eine zweifache Gebühr erhoben, wenn das Verfahren durch Urteil endet.

Endet das Verfahren zum Beispiel in der Güterverhandlung durch einen Vergleich, fallen bis auf die Kosten für die Zustellung der Klage (6,00 €) gar keine Gerichtkosten an.

Anwaltskosten

Wie oben schon gesagt, trägt in der 1. Instanz im arbeitsgerichtlichen Verfahren jede Partei ihre Anwaltskosten selbst. Auch hier richtet sich die Höhe der Gebühren nach dem Streitwert und nach dem Rechtsanwaltsgebührengesetz. Wie viele Gebühren ein Rechtsanwalt in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren berechnen darf, richtet sich nach dem Umfang seiner Tätigkeit. Er erhält eine sogenannte Verfahrensgebühr (1,3 Gebühren) für das Betreiben des Geschäfts als solches. Dabei kommt es nicht darauf an, wie viele Schriftsätze er im Verfahren fertigt. Für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung (Terminsgebühr) erhält er einmalig 1,2 Gebühren. Außerdem gibt es eine Gebühr, wenn er beim Abschluss eines Vergleichs mitwirkt (Einigungsgebühr).

Insgesamt können in der 1.Instanz damit maximal 3,5 Gebühren anfallen. Zusätzlich stehen ihm eine Auslagenpauschale für Porto und Telefon in Höhe von maximal 20,00 € sowie die gesetzliche Mehrwertsteuer zu.

Fallbeispiele

Zur Erläuterung hier mal 2 Fallbeispiele:

1. Dem Arbeitnehmer wird fristgerecht gekündigt. Er erhebt Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht. Sein monatliches Bruttoentgelt betrug zuletzt 2,700 Euro. Das Verfahren wird durch ein Urteil des Arbeitsgerichtes zugunsten des Arbeitnehmers beendet. Beiden Parteien werden anwaltlich vertreten. Wie hoch sind die Kosten für die beiden Parteien?

Lösung:

Der Streitwert beträgt bei einer Kündigungsschutzklage drei Bruttomonatsgehälter, mithin 2.700,00 x 3 = 8.100,00 €

Laut der Gerichtskostentabelle betragen die Gerichtkosten
2,0 Gebühren x 181,00 € = 362,00 €.
Diese sind vom Arbeitgeber, als unterlegende Partei zu tragen.

Anwaltskosten (für jeden Anwalt):

Verfahrensgebühr: 1,2 Gebühren x 449,00 € = 538,80 €
Terminsgebühr: 1,3 Gebühren x 449,00 € = 583,70
Auslagenpauschale: 20,00 €
19% MwSt.: 217,08€
Gesamt: 1.359,59 € für jeden Anwalt

Den Arbeitgeber kostet der Prozess somit 1.721,59 € und dem Arbeitnehmer 1.359,59 €.

2. Dem Arbeitnehmer wird wieder fristgerecht gekündigt. Er erhebt Kündigungsschutzklage und macht außerdem noch ausstehenden Lohn in Höhe von 4.000 Euro geltend. Sein Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt 2.300 €. Er war 12 Jahre im Unternehmen beschäftigt. Beide Parteien sind anwaltlich vertreten. In der Güteverhandlung wird ein Vergleich abgeschlossen. Der Arbeitgeber zahlt demnach den ausstehenden Lohn nach. Außerdem erhält der Arbeitnehmer eine Abfindung in Höhe von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr, mithin 13.800,00 €.

Lösung:
Der Streitwert in diesem Verfahren beträgt drei Bruttomonatsgehälter für die Kündigungsschutzklage (3x 2.300 € = 6.900 €) plus die 4.000 € ausstehenden Lohn. Insgesamt also 10.900 €. Der Wert der Abfindung wird dem Streitwert nicht hinzugerechnet.

Durch den geschlossen Vergleich fallen keine Gerichtsgebühren an. Die Anwaltsgebühren betragen für jede Seite:

Verfahrensgebühr (1,2): 631,20 €
Terminsgebühr (1,3): 683,80 €
Einigungsgebühr (1,0): 526,00 €
Auslagenpauschale: 20,00 €
19% MwSt.: 353,59 €
Gesamt: 2.214,59 €

Auch wenn arbeitsgerichtliche Prozesse nicht ganz so kostenintensiv sind, wie andere zivilgerichtliche Verfahren, kann es trotzdem ganz schön teuer werden.

Der Arbeitnehmer kann die Kosten für sich reduzieren, wenn er eine Rechtschutzversicherung hat, die auch arbeitsrechtliche Streitigkeiten einschließt. Hierbei ist zu beachten, dass vor Klageerhebung eine Deckungszusage der Versicherung einzuholen ist.

Auch die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft kann von Nutzen sein, wenn man sich im Falle eines arbeitsrechtlichen Verfahrens von der Gewerkschaft vertreten lässt.

Wer sich weder das eine, noch das andere leisten kann, hat die Möglichkeit, sich vor Arbeitsgericht selbst zu vertreten, da kein Anwaltszwang besteht. Besser wäre es jedoch in einem solchen Fall der Bedürftigkeit, Prozesskostenhilfe beim Arbeitsgericht selbst zu beantragen. Dann kann einem Arbeitnehmer ein Rechtsanwalt beigeordnet werden.

Anmerk. d. Autorin: Dieser Beitrag gibt die rechtliche Situation nur allgemein und verkürzt wieder. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt die individuelle Beratung im konkreten Einzelfall nicht. Jegliche Haftung wird trotz sorgfältiger Bearbeitung ausgeschlossen.

Der Beitrag Arbeitsrecht (46): Kosten im arbeitsgerichtlichen Verfahren erschien zuerst auf Bewerberblog.de.


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